Wassergewöhnung/ Schwimmtraining für Welpen und ältere Hunde

Welpenfutter

hundeschuleWasser- ein ungewöhnliches Element, es schenkt uns das Leben und kann es genau so auch wieder nehmen.Bevor ich aber über die Gefahren sprechen möchte, die Wasser mit sich bringt, zunächst einmal zu den positiven Einflüssen.

 

Schwimmen ist bei Hund und Mensch ein hervorragendes Herz-Kreislauf-Training, aber es dient auch dem Muskelaufbau, bewegt dabei die Gelenke, allerdings ohne diese zu belasten. Dies ist sehr wichtig, wenn z.B. Durch eine Verletzung oder Operation bedingt nach einer längeren Schonfrist die Muskeln wieder richtig in Gang gebracht werden sollen. Aber gerade auch für Welpen ist dies eine gute Art der Bewegung, da wachstumsbedingt die Gelenke und Knochen bei Fehlbelastung einen irreparabelen Schaden davon tragen könnten.

hündin lea
Meine Hündin Lea taucht nach nicht schwimmfähigem Futter.

(Menschliche) Läufer bauen ihre Kondition nach einer z.B. Meniskus- oder Kreuzband- Operation durch das sog. Aquajogging wieder auf.
Aus eigener Erfahrung mit meinem Hund Morpheus kann ich nur sagen, dass er nach 2 aufeinander folgenden Gelenk- Operationen für wenigstens 3 Monate lang nicht mehr als 5 bis maximal 10 Minuten am Stück hätte laufen dürfen. Dies hätte zu einem katastrophalen Muskelabbau geführt, was letztlich die Gelenke noch mehr belastet hätte. Durch ein regelmäßiges und gezieltes Schwimmtraining aber konnte dem Muskelabbau entgegengewirkt werden. Die Tierärzte hatten ihm damals noch etwa 1-2 Jahre gegeben, bis er auf Grund von Schmerzen das Laufen völlig einstellen würde. Das ist nun 6 Jahre her! Und: Morpheus läuft immer noch und zwar gut und das sogar weitestgehend ohne Schmerzmittel!

Außerdem hat das beim Schwimmen vorbei strömende Wasser Massagewirkung, so dass die Muskulatur trotz Anstrengung gleichzeitig gelockert wird. Wir Menschen kennen das auch aus eigener Erfahrung: Wenn wir untrainiert joggen gehen, haben wir am nächsten Tag entsetzlichen Muskelkater, nach dem Wassertraining hält sich dieser aber in Grenzen, falls er überhaupt auftritt.
Da ich möchte, dass Sie verstehen, warum Schwimmen so viele positive Auswirkungen hat, muss ich einen kleinen Exkurs in die Physik machen.

Physikalische Eigenschaften

Wasser hat eine höhere Dichte als Luft, dies bedeutet, dass es für einen Organismus, der Arme und Beine hat, sehr viel anstrengender ist, sich dort fortzubewegen. Wasser besitzt aber auch die Eigenschaft des Auftriebs, dass bedeutet, dass ein Körper, von etwa 1 dm³ Volumen mit einer Kraft von 1 kg nach oben getrieben wird. Ist dieser Körper (1 dm³) schwerer als 1 kg, so ist die Auftriebskraft nicht groß genug und der Körper sinkt nach unten (z.B. Bleikugel), andererseits wird aber ein Körper (1 dm³), der leichter ist als 1 kg nie untergehen können (z.B. Styroporkugel).
Um jetzt den Zusammenhang zu dem Hundekörper (aber auch dem menschlichen Körper) herzustellen: Hund und Mensch bestehen zu einem großen Teil auch aus Fett- dieses hat eine geringere Dichte als Wasser, außerdem befindet sich in unseren Lungen Luft und auch diese hat eine geringere Dichte als Wasser. Im Ergebnis ist also bei Hunden und Menschen die Auftriebskraft größer als die Sinkkraft, so dass die Körper sozusagen vom Wasser getragen werden. Hier sind wir aber noch nicht beim Vortrieb, dem eigentlichen Schwimmen.

schwimmen im meer
Schwimmen im Meer stellt eine besondere Herausforderung dar, hier zwischen den Wellenbrechern mein Rüde Morpheus (hinten) und meine Hündin Lea (vorn).

Vortrieb / Schwimmen

Hierzu machen Sie bitte erstmal ein kleines Experiment:

Nehmen Sie ein Brett (z.B. ein Küchenschneidbrett) und stellen es senkrecht ins Wasser und versuchen nun das Brett vorwärts zu schieben. Anschließend legen Sie das Brett parallel zur Wasseroberfläche ins Wasser und schieben es nun vorwärts- Über das Ergebnis muss ich wohl nicht viel sagen…, oder?!?!!

Resultat hieraus ist, dass die Wasserlage von entscheidender Bedeutung ist, um das Wasser für ein Training nutzen zu können.Das bedeutet aber, dass Hund und Mensch lernen müssen, dem Wasser zu „vertrauen“, denn die „tragende“ Position ist eine andere als die an Land.

Babyschwimmen / Wassergewöhnung

Frei nach dem Sprichwort „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmer mehr“ (wobei allerdings auch Hans noch lernen kann, wenn auch langsamer), gilt also frühstmöglich mit dieser „Vertrauensbildung“ zu beginnen, weshalb sich im menschlichen Bereich das Babyschwimmen zunehmender Beliebtheit erfreut. Hier wird beispielsweise der angeborene Reflex von Babys genutzt, dass sie den Atem anhalten, sobald sie unter Wasser kommen. Wird dies schon frühzeitig sozusagen „reflexartig“ gelernt, ist dies ein guter Schutz vor dem Ertrinken. [Ertrinken kann man nämlich nur, wenn Wasser in die Lunge gerät- Luft würde ja wieder nach oben treiben.]

Bei Welpen ist es ähnlich: Lernen sie noch in ihrer Prägezeit das Element Wasser positiv kennen, so ist auch die Fortbewegung im Wasser und der Auftrieb quasi „mitgeprägt“. Das anfängliche Strampeln dauert dann nur sehr kurz. Lernen Hunde hingegen erst im hohen Alter Schwimmen, so werden sie- ähnlich wie Menschen- immer wieder bestrebt sein, festen Boden unter den Füßen spüren zu wollen.

Und hier sind wir wieder bei dem Experiment mit dem Küchenschneidebrett: Schwimmen wird sehr kraftraubend, durch das Spratteln an der Wasseroberfläche entsteht eine Sogwirkung nach unten und der Körper wird trotz Auftriebs nach unten gezogen.
Durch den hohen Kraftverlust und eine beschleunigte Ausatmung befindet sich nachher nicht mehr ausreichend Luft in den Lungen, um den Auftrieb zu gewährleisten. Das Ergebnis kennen wir- leider!

PRÄVENTION durch frühzeitiges Kennenlernen eines fremden Elements!

Aber wie bringen wir unseren Welpen denn nun dazu, dass er gerne ins Wasser geht?

Da jeder Hund fressen muss, kann man hier sehr schön mit Futter arbeiten. Es gibt hierzu prinzipiell zwei Möglichkeiten: entweder Trockenfutter, welches schwimmt (ausprobieren!) oder Nassfutter/ Barf in eine Plastikschale (z.B. Eine leere Eisschale mit etwa 1 l Volumen), die schwimmt. [An dieser Stelle möchte ich nicht näher auf das Futter als solches eingehen, das habe ich bereits an anderer Stelle getan ( http://www.welpenmagazin.de/ernahrung-von-welpen )- nur ganz kurz: da man nicht päpstlicher als der Papst sein sollte, kann man durchaus schwimmfähiges Trockenfutter verwenden.]

Dann brauchen wir noch ein Bassin. Hier eignet sich z.B. eine Sandkastenmuschel, die es in den sog. 1€-Läden günstig zu erwerben gibt, da diese recht stabil sind. Diese wird nun draußen deponiert und mit Wasser gefüllt, dieses sollte nicht eiskalt aber auch nicht zu warm sein, eine Temperatur zwischen 15-20°C ist empfehlenswert. Aber auch hier gilt: Locker bleiben, Sie müssen nicht den Heizstab nehmen, wenn es keine 15 °C hat 😉

Bassin
Das Bassin ist schon mit Wasser gefüllt, es sollte noch ein Handtuch auf den Boden gelegt werden, damit der Welpe nicht ausrutscht! Diese Füllmenge ist dann für „Profis“ oder aber bei kleinen Hunderassen zum Schwimmen geeignet.

Im Winter / Herbst kann man das Ganze natürlich auch in der Badewanne machen- aber Vorsicht: Ihr Badezimmer kann anschließend einem Planschbecken gleichen!

Sinnvoll ist es auch ein Handtuch auf den Boden der Wanne zu legen, damit der Hund nicht rutscht.

Die „Sommerversion“!

Da Ihr Hund ja allein ins Wasser gehen soll, müssen Sie zunächst eine Rampe bauen, die ihn zum Wasser hinführt, denn er soll das Element Wasser selbstständig erkunden dürfen und sein „Erkundungstempo“ selbst bestimmen dürfen. Würden Sie ihren Hund einfach ins Wasser hinein heben, besteht die Gefahr, dass ihm dies so unangenehm ist, dass er Wasser irgendwann ganz meidet- und das kann nicht das Ziel sein!
Die Rampe ist auch deshalb so wichtig, weil Welpen einfach noch nicht groß genug sind, um die Höhe des Bassins allein überwinden zu können.

Anfänglich reicht es vollkommen aus, wenn das Bassin nur ein paar Zentimeter mit Wasser gefüllt ist und ihr Hund dann das Futter aus dem Wasser bzw. Der Plastikschale „fischen“ darf, während er durchs Wasser watet.

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Bei der „Winterversion“, die in der Badewanne stattfindet, verläuft es analog, lediglich mit dem Unterschied, dass Sie hier mit in der Wanne sitzen sollte- und zwar anfangs ganz ohne Wasser- und Ihren Hund füttern.

Ist dies gelungen, kann man zusätzlich Wasser einlaufen lassen, entweder über den Schlauch oder mit der Brause, aber Vorsicht, bitte keinen starken Strahl verwenden, sondern das Wasser ganz sachte dazu laufen lassen. Ihr Hund wird Ihnen zeigen, in welchem Tempo Sie vorgehen können.

Ist dies einmal geschafft, so kann es an einen See gehen!
Hier empfehle ich Ihnen zunächst einmal mit ins Wasser zu gehen. Gut geeignet dafür sind feste Gummischuhe oder eine sog. Wathose (Anglerbedarf). Ihren Hund sollten Sie über eine Leine absichern und Futter bereithalten.
Anfangs wird er versuchen, sich auf die Hinterläufe zu stellen und mit den Vorderpfoten fürchterlich planschen, aber das sollte sich sehr schnell legen.

Ist dies dann erfolgreich verlaufen, wird Ihr Hund sehr wahrscheinlich jetzt auch ganz allein ins Wasser gehen können und schwimmen.

Mein Hund Morpheus beim Schwimmen
Mein Hund Morpheus beim Schwimmen in der Sülz, Rösrath. Schwimmen gegen die Strömung ist besonders anstrengend und anspruchsvoll.

Wie man das Schwimmtraining im Einzelnen dann aufbaut, da sind der Phantasie kaum Grenzen gesetzt: entweder lässt man „Futter fischen“ oder man baut ein Wasserapportiertraining auf oder oder oder. Hierzu gebe ich gerne Anregungen auf Anfrage!

Mein Hund Morpheus
Mein Hund Morpheus in der Sülz. Das Ufer sollte frei von Glasscherben o.ä. sein, wegen der Verletzungsgefahr!

Nach dem Schwimmen / Wassertraining

Auf jeden Fall ist es wichtig, den Hund nach dem Wassertraining abzutrocknen, im Winter ggf. Sogar zu fönen, denn durch die Nässe entsteht Verdunstungskälte, die diverse Krankheiten begünstigen kann.
[Wie man ein Abtrocken- bzw. Föntraining gestaltet, dazu an anderer Stelle mehr]
Außerdem müssen Sie bedenken, dass durch den Wasserdruck vermehrt Gewebsflüssigkeit ins Blut gelangt und schließlich als Urin wieder ausgeschieden werden will. D.h. der Harndrang ist nach dem Schwimmen vermehrt, was Ihnen sicherlich aus eigener Erfahrung bekannt ist.

Weitere Vorteile vom Schwimmen:

  • Je mehr Reize ein Welpe kennen lernt, umso stärker und mehr werden die Verknüpfungen in seinem Gehirn, das ganz besonders während der Prägezeit darauf ausgerichtet ist, Verknüpfungen herzustellen. Und je mehr Reize positiv entdeckt werden, desto weniger furchteinflößend werden zukünftig neue Reize sein.
  • Mit dem Schwimmen verbunden ist das Abtrocknen, heißt der Hund lernt, sich überall anfassen zu lassen, was für einen Tierarztbesuch wichtig ist.
  • Der Hund muss evtl gefönt werden, was wiederum ein Geräuschtraining ist und im Hinblick auf Umweltlärm (Straße, Stadt, Silvester) eine weitere Komponente darstellt.
  • Regelmäßiges Schwimmen fördert die Funktionalität des Immunsystems, da sich der Körper sehr wechselnden Temperaturreizen aussetzt.
  • Bei heißen Temperaturen (Sommer) kann sich der Hund wunderbar abkühlen.
  • Muss der Hund- aus welchen Gründen auch immer- mal gebadet werden, wird dies nicht zu einem Drama entarten.
Hundegeburtstagsfeier
Hier springen meine Rüden Nepomuk und Morpheus mit meiner Hündin Lea durch die Wellen bei unserer alljährlichen „Hundegeburtstagsfeier“ am Meer!

Wirkung und Nebenwirkung

Was Ihnen jedoch bewusst sein sollte, ist, dass wenn ihr Hund das Wasser als positiv kennen gelernt hat, sehr wahrscheinlich keine Pfütze mehr vor ihm sicher ist 😉 Heißt, Ihr Hund wird bei Regenwetter immer ein wenig aussehen wie ein Schweinehund (Kreuzung aus Wildschwein und Hund).
Des Weiteren sollten Sie Ihre Wassernäpfe sichern, d.h. am besten in einen Napfhalter, da es sein kann, dass ihr Hund versuchen wird, auch im Napf zu schwimmen. Folglich könnte er damit aus Ihrer Wohnung ein kleines Planschbecken machen, was bei Fliesenboden noch zu beheben ist, wird bei Teppich oder Parkett/ Laminat absolut inakzeptabel!

Sancho
Mein Kundenhund Sancho beim Wasserapportiertraining. Vielen Dank an die Besitzerin für die Genehmigung zur Veröffentlichung des Bildes.

Weitere Hinweise:

  • Wenn Sie mit Ihrem Hund schwimmen gehen, gehen Sie selbst höchstens hüfttief ins Wasser, selbst wenn Sie schwimmen können.
  • Gehen Sie nicht in Wasserschutzgebieten oder Naturschutzgebieten schwimmen, denn auch Wasservögel haben ihre Rechte.
  • Wenn auch Sie schwimmen möchten, sollte immer eine weitere Person an Land sein, die ein Handy dabei hat, um, ggf Hilfe rufen zu können. (Baderegeln)
  • Achten Sie darauf, dass es in dem Gewässer keine Schlingpflanzen gibt, in denen sich Ihr Hund verheddern könnte- Panikgefahr!
  • Achten Sie darauf, dass in dem Uferbereich keine Scherben o.ä. liegen- diese Hinterlassenschaften bedeuten eine ernsthafte Verletzungsgefahr!

*Dieser Artikel ist sehr allgemein gehalten und wird nicht alle im Einzelfall auftretenden Fragen klären können, zumal je nach Rassedisposition eine größere oder kleinere Affinität zu Wasser besteht. Grundsätzlich jedoch ist Schwimmen für JEDEN Hund geeignet.

Sollten Sie weitere Fragen haben, wenden Sie sich gerne direkt an mich oder auch an meine Kollegin Stephanie Rapp.

Judith Imeri, www.hundeschule-ohne-umwege.de , momelemo@gmx.de
Stephanie Rapp, www.hundedenken.de , info@hundedenken.de

Comments

  1. Laura says

    Ich finde es klasse. Super erklärt und dazu ausführlich und anschaulich! Danke 🙂 P.S. Die Hunde sind ja total süß 🙂

  2. Eva says

    Toller Artikel den ich gleich mal mit meinem Hund anfangen werden abzuarbeiten. Denn mein Hund ist immer noch etwas wasserscheu. Wusste aber nicht genau wie ich da ansetzen soll, einfach rein werfen wollte ich ihn auch nicht. 🙂

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